Frau Dr. Gerbig, stationäre Rehabilitationen bei chronisch Nierenkranken, Nierentransplantierten und Nierenlebendspendern wurden in den letzten Jahren oft nicht flächendeckend angeboten und bewilligt. Hat sich diese Situation gebessert?

Wir haben den Eindruck, dass in letzter Zeit mehr Rehabilitationsverfahren für chronisch nierenkranke Patient:innen genehmigt werden, allerdings noch nicht in allen Stadien der Nierenerkrankung. Bei Patient:innen mit beginnender Nierenerkrankung und vor der Dialysepflichtigkeit tun sich die Kostenträger teilweise noch schwer, Heilverfahren – also Reha-Maßnahmen aus dem ambulanten Bereich heraus – zu genehmigen. Ähnlich ist es bei Dialysepatienten. Anschlussheilverfahren, also Rehas nach stationärem Aufenthalt, werden in der Regel genehmigt. Bei Patient:innen nach Nierentransplantation und bei Lebendspender:innen scheint es so, dass hier die stationären Rehas mittlerweile eher befürwortet werden. Uns haben auch die gesetzlichen Krankenkassen bestätigt, dass sie das multimodale Rehabilitationskonzept „Leben nach Nierentransplantation“, das in der m&i-Fachklinik Bad Heilbrunn seit über 20 Jahren erfolgreich angeboten wird, weiterhin unterstützen. Auch unser multimodales Rehabilitationskonzept für Patient:innen nach Lebendnierenspende wurde von der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen genehmigt. Jede Patienten-Gruppe hat unterschiedliche Reha-Ziele.

Die da wären?

Die Ziele von nierenkranken Patient:innen nach einer Nierentransplantation sind vielfältig: die Verbesserung der Lebensqualität durch die Reduktion der Beschwerden, die Verbesserung der körperlichen Funktion und der Leistungsfähigkeit, die Stabilisierung des psychischen Befindens sowie die Krankheitsbewältigung oder der Umgang mit der Erkrankung im Alltag. Auch die Ermöglichung und die Gewährleistung der sozialen Wiedereingliederung, die Teilhabe im Berufs- und Familienleben und der Erhalt der Selbstständigkeit bei älteren Patient:innen gehören dazu. Ebenso die Reduktion bzw. die Verhinderung vermeidbarer Krankenhausaufenthalte, die Vermeidung von vorzeitiger Berentung und Pflege sowie die Verhinderung bzw. Verzögerung einer (erneuten) Dialyse-Pflichtigkeit. Generell gilt: Die Reha-Ziele müssen mit den Patient:innen genau definiert werden und in den Reha-Antrag geschrieben werden. Es reicht nicht nur: Das ist ein/e Dialysepatient:in und bräuchte mal eine Reha! Was sollen die Kostenträger damit anfangen? Viele Patient:innen wissen auch gar nicht, dass sie bei einer entsprechenden Rehabilitationsbedürftigkeit alle vier Jahre stationäre Reha-Maßnahmen beantragen lassen können, bei entsprechender Indikation auch früher, also vorfristig.

Was sollen/können Patient:innen tun, wenn die Reha abgelehnt wird?

Viele Patient:innen legen keinen Widerspruch ein, wenn die Rehabilitationsmaßnahme vom Kostenträger abgelehnt wurde. Es lohnt sich aber auf alle Fälle, innerhalb von vier Wochen nach Eingang der Ablehnung formlos Widerspruch einzulegen und diesem nochmals eine ärztliche Begründung über Rehabilitationsbedürftigkeit, -fähigkeit, -prognose und -ziele beizufügen. Es kann auch hilfreich sein, wenn in dieser ärztlichen Stellungnahme aufgelistet wird, was passieren könnte, wenn eine entsprechende Rehabilitationsleistung nicht genehmigt wird.

Wie sieht die Behandlung in der m&i-Fachklinik Bad Heilbrunn aus?

Mit dem Ziel, die klinischen Langzeitergebnisse nach Transplantation und nach Lebendspende durch intensive Nachsorge weiter zu verbessern und die Lebensqualität der Patient:innen zu erhöhen, wurde im Jahr 2000 das Rehabilitationsprogramm „Leben nach Organtransplantation“ an der m&i-Fachklinik Bad Heilbrunn ins Leben gerufen. Patient:innen auf der Warteliste zur Nierentransplantation sollen „fit für die Nierentransplantation“ gemacht werden.

Im Zentrum jedes multimodalen Rehabilitationsaufenthaltessteht eine internistisch-transplantationsmedizinisch ausgerichtete Diagnostik und Therapie in enger Kooperation mit dem einweisenden Zentrum, um Risikofaktoren für den Nierenkranken zu erkennen und zu reduzieren gehören auch intensive physio- und sporttherapeutische Maßnahmen, die die körperliche Leistungsfähigkeit wiederherstellen und steigern sollen. Psychologische Leistungen sollen bei der Krankheitsverarbeitung unterstützen. Der Sozialdienst berät zu Fragen über Sozialrecht und berufliche Teilhabe in Bezug auf Transplantation. Regelmäßige Schulungen und Gesundheitstrainings zu krankheitsspezifischen Themen, z. B. Transplantation, Nierenschutz, Hygiene, Ernährung,  aber auch allgemeinen Themen sollen den Wissensstand der Patient:innen verbessern.